Yin und Yang sind die grundlegenden Elemente der chinesischen Philosophien, des Daoismus und des Konfuziunismus, und damit auch der chinesischen Medizin. Die Erfahrung mit meinen Patienten in der Praxis zeigt mir, wie außerordentlich nützlich das Wissen um Yin und Yang für die Gesundheit ist. In dieser dieser Artikelserie möchte ich versuchen, Ihnen etwas von diesem Wissen zu vermitteln, was sie direkt in Ihrem Leben anwenden können.
Als erstes müssen wir genau verstehen, was Yin und was Yang ist. Yin und Yang sind die zwei Pole der Dualität, denen die Schöpfung unterliegt. Beide bedingen einander und ohne das eine gibt es das andere nicht: Wenn es Freude gibt, muss es Leid geben. Wenn es die Erde gibt, muss es den Himmel geben. Wenn es Hitze gibt, muss es Kälte geben usw. Aus dem Zusammenspiel und der unendlichen Vermischung von Yin und Yang entstehen die gesamte Schöpfung und das Leben darin. Jeder Mensch hat sein konstitutionelles Yin-Yang-Muster, welches die Eigenschaften seines Körpers und Geistes bestimmt und ihn einzigartig macht. Was genau sind nun Yin und Yang?
Yin und Yang im Detail
Yin ist das Ruhige, Kühle, Dunkle: Die Nacht, in der es kalt und dunkel wird, und in der die meisten Lebewesen schlafen und sich in ihren geschützten Höhlen und Bauten verbergen. Yin ist die Nordseite des Berges, auf der der kalte Schnee liegen bleibt. Der Mond ist Yin der in der Nacht passiv das Licht der Sonne reflektiert und die Erde nicht erwärmt.
Yang ist das Bewegende, Warme, Helle: Der Tag, an dem die Sonne scheint, an dem es warm ist und die meisten Lebewesen wach und aktiv sind. Yang ist die Südseite des Berges, auf der der Schnee am schnellsten schmilzt. Die Sonne ist Yang die Tags Licht und Wärme spendet.
Yin ist die Materie und Die Erde: Das Schwere, das Stabile, das, was unten ist und die Erdanziehungs-kraft, die alles nach unten zieht. Die Erde, die uns das Fundament gibt, auf dem wir stehen und die den Stoff liefert, aus dem die Körper aller Lebewesen aufgebaut sind. Yin sind die Gebräuche die in verschiedenen Teilen der Erde unterschiedlich sind und sich mit der Zeit verändern.
Yang ist das Immaterielle, der Himmel: Der Geist oder die Energie, das Leichte und Flüchtige, das, was oben ist und entgegen der Erdanziehungskraft nach oben strömt: Der Himmel und die Sterne über unserem Kopf und die universellen Prinzipien, die überall im Universum die gleichen sind und sich nicht verändern.
Die Evolution geht vom Yin zum Yang. Sie lässt aus toter Materie immer komplexere und bewusstere Lebewesen entstehen, vom Einzeller zu Insekten zu Reptilien zu Säugetieren zum denkenden Menschen, bis hin zum erleuchteten Menschen.
Phönix und Drache
In der chinesischen Kultur waren Phönix und Drache Symbole für Yin und Yang. Der Phönix stand für das Yin und den Kreislauf des Lebens von geboren werden, wachsen, niedergang und sterben wie er auf der Erde stattfindet.
Der Drache dagegen stand für das Yang und die himmlischen Kräfte die andauernd wirken und nicht geboren werden und nicht vergehen. Dieses Photo von Phönix und Drache habe ich in Beijing in der verbotenen Stadt gemacht wo diese Symbole allgegenwärtig sind.
Yin ist das Weiche, Nachgiebige, Passive und die Bewegung nach unten: Wasser ist ein großes Sinnbild für das Yin. Es fließt nach unten den Weg des geringsten Wiederstandes. Es ist weich und nachgiebig und hat doch große Kraft. Weil es nachgiebig ist, nutzt es sich nicht ab und bleibt immer jung. Wenn Wasserdampf in der Luft abkühlt, kondensiert das Wasser zu Tropfen die als Regen nach unten fallen. Das Meer ist Yin.
Yang ist das Starke, Unnachgiebige, Aktive, und die Bewegung nach oben: Feuer ist das Sinnbild für das Yang. Es ist heiß, in alle Richtungen strahlend, und lodert nach oben. Es ist reine Energie und symbolisiert den Geist. Es verzehrt den Stoff, aus dem es entsteht. Der Berg und der Vulkan, die sich aus dem Meer erheben, sind Yang.
Der Körper (im Gegensatz zum Geist) ist Yin: Er besteht aus 70% Wasser, untersteht der Erdanziehungskraft und wird nach unten gezogen, Er baut sich aus den Elementen der Erde auf. Tendiert dazu träge zu sein, braucht regelmäßig Nahrung und Schlaf.
Der Geist (im Gegensatz zum Körper) ist Yang: Er ist immateriell wird nicht geboren und stirbt nicht. Er tendiert dazu ruhelos zu sein und lässt sich nur schwer kontrollieren. Durch seine Ruhelosigkeit kann er den Körper aufzehren so wie das Feuer das Feuerholz aufzehrt.Yin ist das Weibliche: Das Mütterliche, die Mutter die uns unseren Körper schenkt und uns ernährt. Die Liebe, das Verbindende, die Beziehung, das Mitgefühl.
Yang ist das Männliche: Das Väterliche, der Vater der uns die Welt zeigt und erklährt. Die Warheit, das was uns unabhängig und eigenständig macht.
Yin ist das Junge: Das Baby dessen Körper ganz weich, beweglich und verletzlich ist und dessen Körper zu 90% aus Wasser besteht. Dessen Knochen noch weich sind und das viel mehr Fett als Muskeln hat. Das passiv ist und sich noch nicht selbst fortbewegen kann. Die junge Frau, die durch ihren schönen Körper anziehend wirkt. Der junge Trieb einer Pflanze der weich, biegsam und verletzlich ist, oder eine Blume.
Yang ist das Alte: Der Alte Mensch dessen Körper ausgetrocknet und Steif ist, dessen Knochen spröde sind und leicht brechen, der nur noch Haut und Knochen ist. Der reife Mann der durch seine Lebenserfahrung und Gesellschaftliche Stellung anziehend wirkt. Mehrjährige Pflanzen die den Winter überstehen und verholzen oder ein Baum.
Im Geiste zeigt sich das Yin in den sanften Tugenden wie die Geduld, Friede, Bescheidenheit, Demut, Selbstlosigkeit, Hingabe, Mitgefühl, Liebe und in den passiven negativen Zuständen wie Trägheit, Faulheit, Desinteresse, Depression, Traurigkeit, lähmende Angst, Selbstverurteilung, Selbstabwertung, Sucht.
Im Geiste zeigt sich das Yang in Tugenden wie Mut, Willenskraft, Selbstvertrauen, Zielgerichtetheit, Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Warheitsliebe und in den negativen aktiven Zutänden wie Überaktivität, Unruhe, Rastlosigkeit, Ehrgeiz, Überheblichkeit, Selbstüberschätzung, Selbstherrlichkeit, Manie, Kritiksucht.
Im Körper entspricht alles was unterhalb des Nabel ist dem Yin. Die Blase empfängt als tiefstes Organ das Wasser welches augeschieden werden soll. Die Geschlechtsorgane die der körperlichen Fortpflanzung dienen befinden sich unten im Becken. Ein Großteil des Darms der die Nahrung (Materie) verarbeitet aus der sich der Körper aufbaut befindet sich unterhalb vom Nabel. Die Ausscheidungsorgane die die verbrauchte Materie wieder der Erde zuführen befinden sich unten. Becken, Beine und Füße verbinden uns mit der Erde, geben uns Stabilität und Erdung und tragen das Gewicht des restlichen Körpers. Die Füße und der untere Rücken neigen dazu kalt zu werden was oft mit Müdigkeit einhergeht.
Alles was sich oberhalb des Zwerchfells befindet entspricht dem Yang. Das Gehirn welches die geistigen Funktionen steuert und auch im Schlaf seine Aktivität nicht wirklich enstellt. Die Sinnesorgane die unserem Geist Informationen über die Umwelt liefern. Nervliche Aktivität im allgemeinen ist eine Yang Aktivität das sie die subtilste und schnellste Informationweiterleitung im Körper darstellt. Herz und Lunge entsprechen Yang da sie sich ständig bewegen müssen um Blut und Saurstoff in alle Zellen zu bringen. Hitze steigt im Körper nach oben in das Herz und in den Kopf was oft mit Unruhe und Schlaflosigkeit einhergeht.
Die Strukturen und Aktivitäten im oberen Teil des Körpers sind feiner im Vergleich zu denen des unteren Teils des Körpers. Die Hände sind feiner als die Füße, das Gehirn feiner als der Darm. Die Organe im oberen Teil des Körpers, Herz und Gehirn haben mit Geist und Bewusstsein zu tun (Yang), die Organe im unteren Teil des Körpers, Magen, Darm, Niere und Blase haben primär mit der Verarbeitung der Nahrung / Materie (Yin) zu tun.
Im nächsten Artikel werden wir sehen, wie wir das Wissen um Yin und Yang anwenden können, um ein gesünderes und harmonischeres Leben zu leben.